Jennifer. The Big Picture – WEIL DAS NORMALE NICHT IMMER DAS BESTE IST.

Um Sachen zu ändern, muss man klare Aktionen gestalten.“

Donnerstag, 16. März, 19:00 Uhr: Was kann ich mir erwarten? Was ist denn mit „The BIG Picture“ gemeint? Wie ist das Stück aufgebaut? Das waren meine ersten Gedanken vor dem Stück. Der erste Eindruck beim Betreten des Saals lässt die Vorfreude steigen. Das Bühnenbild ist minimalistisch und geräumig gehalten mit einem Projektor, 2 Sesseln und…einem Rednerpodest? Dass diese Performance ab 13 Jahren, im Rahmen des Skin Festivals im Dschungel Wien, jedoch alles andere als ein langweiliger Vortrag wird, dafür sorgen die Darstellerinnen Silvia Andringa (links) und Cornelia Kupferschmid (rechts).

In Zusammenarbeit mit Jugendlichen aus einer Realschule in Deutschland, mit dem Theaterkollektiv Fetter Fisch (mit Kupferschmid als Künstlerische Leitung) und Regisseur und Choreograf Leandro Kees wurde ein unvergessliches Theatererlebnis auf die Beine gestellt. Ebenfalls Dank dafür gilt Regieassistent und Theaterpädagoge David Kilinc und Kerstin Stienemann als Produktionsleitung. Ich hätte nie gedacht, dass ich in nur 50 Minuten so sehr zum Nachdenken angeregt und inspiriert werden kann. Ich habe sehr viel über den Aktivismus nennenswerter Personen gelernt, die mehr Aufmerksamkeit verdient hätten. Der Schwerpunkt lag vor allem in den Bereichen ZIVILCOURAGE, Klimaaktivismus, Rassentrennung, Unterdrückung, Mut beweisen und Zeichen setzen.

Früher war alles besser.“ – Früher war alles anders.

Ob Martin Luther, der Statements an Kirchentüren hämmerte oder ein Mann der mit dem Kopf in die Straße und Windschutzscheibe hineinragt, sie alle haben mit solchen Aktionen etwas gemeinsam: Es ist vielleicht verboten, es findet vielleicht nicht jeder gut…doch es sorgt für Aufmerksamkeit und Aufsehen. Ein Bild, in dem Haare für ein kreatives Statement geformt werden, weisen auf die Rassentrennung hin. Männer im Superhelden Kostüm kämpfen für das Recht, ihre Kinder nach einer Scheidung weiterhin sehen zu können. 1967 läuft eine Frau in Amerika (verbotenerweise) einen Marathon mit, der ja sowieso zu schwer für Frauen sei. Die Freedom Riders widersetzen sich der unverständlichen Regel, dass es POC (people of colour) nicht erlaubt ist, bestimmte Plätze im Bus einzunehmen. Die wohl bekannteste Aktivistin Greta Thunberg wird ebenfalls gezeigt.

Konfetti liegt in der Luft…

Gemeinsam mit Paul Jonker am Licht und Techniker Leon Bluhm, wird alles aus diesem Theaterabend rausgeholt. Besonders kreativ fand ich die Idee, den Körper als Leinwand für die projizierten Bilder einzusetzen. Neben komödiantischen Akzenten gibt es auch knallende Überraschungseffekte. Mit viel Humor, Charme und einer klaren Haltung wirkt das Stück in einer lockeren Atmosphäre sehr ansprechend für mich bzw. Jugendliche. Es wird geschrien, gesungen, geschwiegen, animiert und vor allem gebildet und inspiriert!

„Wir riskieren so viel.“

Im Anschluss fand eine interessante Diskussionsrunde mit Aktivistinnen ganz verschiedener Bereiche statt. Es wurden zum Beispiel die langsam überhörten Hilferufe der Frauen im Iran aufgegriffen und auf deren tägliche Proteste aufmerksam gemacht. Es geht um das Sichtbarmachen von Ungerechtigkeiten und die Bedeutsamkeit der Perspektive! Des Weiteren wurde uns von einem kreativen Widerstand in Chile gegen Femizide und für Gewaltfreiheit berichtet. 2019 protestierten Jugendliche dort für eine neue Verfassung, die GLEICHBERECHTIGUNG fordert und versucht, die Massen zu mobilisieren. Visibilisierung (Erkennbarkeit, Sichtbarkeit) ist auch hier ein entscheidender Begriff. Das wohl umstrittenste und zur Zeit am häufigsten diskutierte Thema ist der Klimawandel. Zu Gast im Dschungel Wien war eine Klimaaktivistin der Letzten Generation, die durch ihre „Klebe-Aktionen“ viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Das Erschreckende ist, dass sie anders nicht gehört wurden. „Die Regierung ignoriert uns, wenn wir uns nicht so penetrant in den Weg stellen.“ Trotz der Meinungsverschiedenheiten, lässt sich aber mit Sicherheit sagen, dass wir alle doch nur ein gemeinsames Ziel haben: „Ich glaube, dass wir alle überleben wollen.“

Fassungslos, Gespannt, Beeindruckt…

Die Reaktionen des Publikums haben sich gut in der geleisteten Performance widergespiegelt. Es sind Tränen geflossen bei der emotionalen, rührenden Geschichte von Silvia über ihre Mutter, die mit ihrer gesegneten Stimme viel ausgelöst und geschafft hat. Zudem wurde aber auch viel gelacht und am Ende gejubelt und tobend applaudiert. Auch bei den anwesenden Schulklassen kam die Präsentation sehr gut an und sie waren voll dabei und durchgehend aufmerksam.

JUST DO IT!“

Es wird höchste Zeit, Traditionen zu durchbrechen, sich Privilegien bewusst zu sein und Gewohnheiten  zu überprüfen! „Es wird andere anpissen … und das ist gut so!“ „Steh für eine Sache, so einfach und klar!“

FotosThomas Mohn

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