Alena. Die Liebe ist ein Heckenschütze. Kritik

Heckenschütze: jemand, der aus dem Hinterhalt auf andere schießt. Eine klare Definition. Er trifft seine Opfer ohne Vorwarnung, verletzt sie, tötet sie. Die Liebe hat keine Definition, sie kann alles und nichts sein. Eine Wolke, ein Unfall, ein Striptease, ein Motorrad, ein Boxkampf oder die Schauspielerei. Vor allem aber ist sie ein Heckenschütze.

Draußen vor dem Museumsquartier flackern die Blitze am Himmel, es ist eine unruhige Nacht. Grell, laut und verwirrend – so ist auch die Stimmung im Theatersaal. Denn hier wird von der Liebe erzählt, und nichts ist so verwirrend wie die Liebe. Anstelle von roten Rosen und schwulstigen Gefühlsbekundungen findet man auf dieser Bühne Rockmusik, einen Revolver und acht verzweifelte Figuren. Verzweifelt, weil sie alle von der Liebe enttäuscht wurden, jeder auf ganz unterschiedliche Art und Weise.

Alle Menschen sind von der Gewalt der Liebe betroffen, also stellen sich die Schauspieler des Stücks in einem Prolog erst einmal „persönlich“ vor. Was natürlich wieder einstudiert ist, aber es lässt uns die Kette immer weiter denken…das Spiel im Spiel im Spiel im Spiel im Spiel…Ein interessanter Gedanke, trotzdem fragt man sich nach einiger Zeit, wann es denn jetzt endlich losgeht. Und da fällt der blaue Vorhang.

Was folgt ist ein wildes Postdrama. Die Figuren spielen russisches Roulette, wer stirbt, gewinnt. Doch vorher muss jeder erzählen, warum er sich umbringen will und einen letzten Wunsch äußern, den dann die anderen erfüllen sollen. Spielleiterin ist eine verrückte Göttin, die nie verliebt war, gemeinsam mit einer lauten Rockerin. Ein Schüchterner, ein Cowgirl, ein Stripper in einem Radiogerät, eine Boxerin, eine Schönheit und ein alter Schauspieler sind die Teilnehmer, die einen mitnehmen, in ihre innersten Gefühlswelten. Sie erzählen dabei nicht nur von der Liebe, auch Angst ist ein großes Thema, und Gefühle im Allgemeinen. So werden etwa Wörter gesammelt: „Dinge, die mir Angst machen“, „Dinge, die mich zum Weinen bringen“. Es wird viel geschrien, gesungen, getanzt, als Zuschauer gerät man in einen seltsamen Sog.

Wenn man das Stück vorher gelesen hat, das der dritte Teil einer Trilogie der Argentinierin Lola Arias ist, dann fragt man sich anfangs, ob es ohne die beiden vorigen Teile wirklich verständlich sein kann. Denn eigentlich stellt es den sich wiederholenden Traum eines Mannes dar, der selbst Probleme mit der Liebe hat. Aber tatsächlich funktioniert es auch so, ohne dass jede Figur und jeder Gegenstand, jede Geschichte eine Bedeutung hat, dadurch ist das Stück nicht ganz so aufgeladen mit Symbolik wie der Text, was es diesbezüglich weniger anstrengend macht. Trotzdem werden das viele Geschrei und die die wirre Handlung, die anfangs so fesseln, nach einiger Zeit ermüdend und lenken zudem vom eigentlichen Thema ab, sodass der Eindruck, dem man zuletzt hat, nur ist: Es war laut und chaotisch.

 

 

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